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Hochwasserschutz steht in letzter Konsequenz über allem

Hunderte Bäume müssen gefällt werden

Meppen – Bei einem Jahrhunderthochwasser (HQ 100) an Ems und Hase würden nach jetzigem Stand Teile Meppens unter Wasser stehen. Um das zu verhindern, sollen die Deiche und Dämme an vielen Stellen verstärkt werden. Vermutlich müssen hierfür Hunderte Bäume gefällt werden.

Der Zeitplan: Dabei will die Stadt bis Ende 2021 einen neuen Rahmenplan Hochwasserschutz erstellen lassen. Er ist Basis für die notwendigen Genehmigungsverfahren, aber auch für das Einwerben möglicher Fördermitteln für die umfangreichen Baumaßnahmen entlang von Ems und Hase.

Die Untersuchung: Die Untersuchung der Dämme und Vorschläge für die Baumaßnahmen liegt in den Händen der Firmen Rücken und Partner Ingenieurgesellschaften aus Meppen sowie des Büros Hydrotec aus Essen. Dessen Diplom-Ingenieur Martin Dornseifer stellte in der Sitzung des Meppener Ausschusses für Klima- und Umweltschutz bereits fest: „In Meppen gibt es die Besonderheit, dass auf den Dämmen sehr viele Bäume und Sträucher stehen.“ Diese würden aber fast immer die Standhaftigkeit der Dämme im Hochwasserfall gefährden.

Bestandsaufnahme: In einem ersten Schritt führten die Experten jetzt erst einmal eine Bestandsaufnahme durch. „Leider enthalten die alten Unterlagen nicht alle notwendigen Daten“, sagt er. Allerdings sei dies gar nicht möglich, da sich die Anforderungen an die Standhaftigkeit der Dämme in den vergangenen Jahren enorm erhöht hätten, um das Hab und Gut auf der anderen Seite besser zu schützen. Basis für die Berechnungen sei ein Jahrhunderthochwasser. Vor diesem Katastrophenfall gelte es, die Menschen und ihre Besitztümer zu schützen. Gleichwohl sagt Dornseifer: „Es gibt letztendlich nicht den 100-prozentigen Schutz.“

Die Baumbestände: Als Erstes würden jetzt entlang der Dämme die Schäden, Bäume, aber auch die Bodenbeschaffenheit untersucht. Dasselbe gelte für Bauwerke wie Durchlässe im Damm. Zum einen seien umfangreiche geologische Untersuchungen notwendig. „Damit wir nicht alle drei Meter bohren müssen, bedienen wir uns der Geoelektrik“, sagt der Ingenieur. Dabei würde das Erdreich mit elektrischen Signalen untersucht. Wenn notwendig, würden im Anschluss vereinzelt noch Bohrungen erfolgen.

Die Dammqualität: Dornseifer wies bereits auf ein generelles Problem der Meppener Dämme hin: „Sie besitzen nur eine schmale Dammkrone und steile Böschungen.“ Damit Dämme dem Hochwasser besser und dauerhaft standhalten, baue man heutzutage wesentlich flachere Dämme mit einem breiten Erdkörper und möglichst ohne Baumbepflanzungen. „Am besten ist an beiden Seiten des Dammkörpers eine mindestens zehn Meter baumfreie Zone, damit Wurzeln den Boden nicht schädigen können“, ergänzte er. Zudem sei damit gewährleistet, dass der Dammverteidigungsweg im Ernstfall nicht durch umstürzende Bäume unpassierbar werde.

Die teuren Lösungen: Nach seiner Einschätzung müssen beim Dammneubau in Meppen „nicht alle Bäume“ gefällt werden. Wenn ein Baum jedoch die Standsicherheit des Dammes gefährde, müsse dieser weichen. Gleichwohl gebe es die Möglichkeit, in Einzelfällen in die Dämme Spundwände aus Beton oder Stahl einzubringen, die die Standhaftigkeit zusätzlich gewährleisten. Dies sei aber auf jeden Fall kostspieliger.

Die Schäden: Dornseifer versprach: „Wir schauen uns alle Bäume an.“ Zugleich ergänzte er: „60 bis 70 Jahre alte Pappeln sind nicht unbedingt erhaltenswert.“ Er zeigte den Kommunalpolitikern anhand von Fotos schon erste Problemfälle auf. Dies trifft auf den Damm am Frankenweg/Keltenweg ebenso zu wie den am Berghamsweg. Im Raddegrund macht ihm eine Trampelpfad über den Damm Sorgen, der die Bodenerosion beschleunige. Auch am Bergham in Versen reiche die Dammhöhe nicht aus.

Die Prioritätenliste: Im besten Fall verfüge ein Damm über einen Querschnitt von 30 Metern. Viele Dämme in Meppen seien aber nur wenige Meter breit. Die Bauingenieurbüros werden zudem eine Prioritätenliste erstellen, anhand derer die Stadt die Baumaßnahmen umsetzen sollte. Zudem werden die Experten jetzt den Baumbestand kartieren und eine „ökologische Bewertung“ vornehmen. Bislang umfasst das Baumkataster der Stadt Meppen 21 780 Bäume, davon stehen 2277 Bäume in der Nähe der Dämme. Private Baumbestände wurden hierbei noch gar nicht berücksichtigt. Zudem schaut Hydrotec hinter die Dammlinie und betrachtet mögliche Schadensfälle bei Hochwasser. Es wird unterschieden nach Kategorien wie Privathäuser, Industrieanlagen, Landschaft, Landwirtschaft und öffentliche Gebäude. Auch diese werden priorisiert.

Quelle: Meppener Tagespost vom 10.09.2020

Text und Foto: Hermann-Josef Mammes